Im Rahmen einer Projektkooperation mit dem Jüdischen Museum in Dorsten haben die Schüler der Klasse GT M2 der Dreijährigen Höheren Fachschule für Gestaltung (HBFG) des Adolph-Kolping-Berufskolleg am 13.04.2018 die zwei jüdische Referenten Salco Hoogeweij und Elisaweta Ossovski zu einem Diskussionsforum eingeladen, um als Klasse mehr über die jüdische Kultur zu erfahren.
Die Schülerinnen Antonia Schmelter und Tjorven Thorwesten berichten im Folgenden über ihre Erfahrungen:
„Salco Hoogeweij und Elisaweta Ossovski arbeiten ehrenamtlich für den Verein mit dem provokanten Titel „Rent a Jew“, der es sich zum Ziel gesetzt hat Begegnungen zwischen Juden und Nichtjuden zu ermöglichen und den Zuhörern die jüdische Kultur näher zu bringen. (http://www.rentajew.org/über-
Die Beiden konnten uns viele spannende, aber auch ergreifende Einblicke in jüdische Geschichte, jüdisches Leben und jüdische Kultur vermitteln. Wir erfuhren, dass heute nur noch ungefähr 92.000 Juden in Deutschland leben, weil die meisten der Holocaust-Überlebenden im und nach dem Zweiten Weltkrieg nach Israel oder Amerika ausgewandert sind.
Für uns war neu, dass das Hier und Jetzt im jüdischen Glauben von großer Bedeutung ist. Für gläubige Juden ist das Paradies die Zeit vor dem Tod – also die Zeit, in der sie leben. Jeder Jude darf sich Gott so vorstellen, wie er möchte und zu diesem beten. Das Judentum, so erzählte Salco, ist somit für jeden etwas ganz Individuelles.
Salco berichtete auch, dass in jüdischen Familien die Frauen an oberster Stelle stehen und sie die Familie zusammenhalten. Als jüdisch gilt man nach ihrer Vorstellung nur dann, wenn man eine jüdische Mutter hat.
Der Shabbat ist der siebte und wichtigste Wochentag in der jüdischen Tradition. An diesem Tag darf man nicht arbeiten. Er beginnt am Freitagabend, wenn die Sonne untergeht. Dann wird Brot gegessen und ein Glas Wein getrunken. Der Shabbat endet am Samstag bei Eintritt der Dunkelheit. Vor dem Essen wird immer eine Kerze angezündet. Lisa hat uns „Mazza“, das typische ungesäuertes Brot, mitgebracht, das am Pessach-Fest gegessen wird. Wir alle durften probieren.
Salco und Lisa haben uns auch vom Holocaust erzählt. In Salcos Familie haben nur die Wenigsten die Zeit des Nationalsozialistischen Terrors in Deutschland von 1933 bis 1945 überlebt. Er hat uns einen gelben „Judenstern“ mitgebracht, der jemandem aus seiner Familie gehört hatte. Das war für uns alle ein bewegender Augenblick, da wir uns gefragt haben, was wohl mit diesem Menschen passiert ist und ob er überlebt hat.
Salcos Familie hat ihren Glauben bis 1940 intensiv gelebt. Das hat sich aufgrund der Judenverfolgung im Dritten Reich sehr verändert, da die Menschen um ihr Leben fürchten mussten und sich nur noch heimlich als Gläubige treffen konnten. Diese Erfahrung prägte aber auch nach dem Krieg viele jüdische Familien. Sie lebten ihre Kultur und ihren Glauben weiterhin nicht mehr öffentlich aus, da sie traumatisiert waren von der Angst, verfolgt zu werden.
Diese Erfahrungen bestätigte auch Lisa. Ihre Familie stammt aus der Ukraine. Ihre Oma hat den Holocaust überlebt und lebt seither in großer Skepsis und Sorge, gerade um Lisa, die offen und öffentlich für ihren jüdischen Glauben ein- und auftritt.
Ergreifend war es zu hören, dass Lisas Eltern, als sie noch klein waren, von anderen Kindern spielerisch „verfolgt“ wurden und ihnen so der Umgang mit ihrem Glauben vermittelt worden ist.
Salco und Lisa bekennen aber offen, dass sie gerne in Deutschland leben, auch wenn sie wissen, dass es hier immer noch Antisemitismus gibt. Und gerade deshalb ist es für sie besonders wichtig, etwas über ihre Kultur zu erzählen und den Menschen im 21. Jahrhundert das jüdische Leben und seine Traditionen zu vermitteln.
Wir Schüler werden diesen Besuch nie vergessen.
Wir möchten Salco und Lisa herzlich dafür danken, dass sie uns so offen und menschlich ganz persönliche Einblicke in ihre Kultur und ihren Glauben gewährt haben!“
Text: Antonia Schmelter, Tjorven Thorwesten (Klasse GT M2) und Werner Grundhoff
Fotos: Meret Urban und Angelina Michna